von Christoph Buschmann, Schulleiter der Grundschule Hinter Burg in Mayen
Wenn wir Schule nicht nur als Lerninstitution sehen, in der Kulturtechniken und Grundlagen der einzelnen Fächer vermittelt werden sollen, sondern als einen Ort, an dem Bildung stattfindet, dann müssen wir als Lehrer:innen und Schule insgesamt unsere Arbeit dementsprechend gestalten.
Ganzheitliche Bildung bedeutet für uns, dass Kinder und Jugendliche nicht nur mit Kopf und Verstand, sondern auch mit ihren Gefühlen und ihrer Seele als Verkörperung des Selbst wahrgenommen werden und deshalb auch in all diesen Bereichen Angebote erhalten müssen, um sich (weiter-)entwickeln zu können. Schule hat somit den jungen Menschen Perspektiven zu eröffnen, die es ihnen ermöglichen, eine Idee vom Leben – von ihrem Leben – zugänglich zu machen.
Um das zu schaffen, braucht es Menschen, die sich selbst kennen und lieben (lernen), die um die Möglichkeiten und Potentiale im „ICH“ wissen, aber auch die Grenzen im „DU“ und „WIR“ erkennen, die dazu aber auch sehen, welche Stärken, Gewinne und Erweiterungen durch das Gegenüber und die Gruppe entstehen. Deshalb ist es wichtig, dass in der Erziehungsarbeit der Kitas und Schulen wirkliche Beziehungen aufgebaut werden.
Bildung und Lernen funktionieren vor allem dort, wo Menschen voneinander und von den Dingen berührt sind. Sie funktioniert vor allem dann, wenn wir bewegt sind und unser Herz öffnen, wenn das Glück die Seele streichelt. Bildung gelingt insbesondere, wenn Kinder sich von uns angenommen fühlen, aber auch von der Sache berührt sind, sich angesprochen fühlen und wenn sie Vorbilder haben, bei denen die Begeisterung sichtbar und spürbar ist und so der Funke überspringen kann.
Dazu bedarf es Menschen, die Visionen haben, die authentisch einem inneren Antrieb folgen, die sich öffnen und für das, was sie tun und für den sie es tun, „brennen“, sonst kann und wird der Funke nicht überspringen. Es bedarf aber auch einer guten Idee oder Sache, die man mit vollem Einsatz gestaltet, entwickelt und lebt. Für manche ist das die Musik, für andere die Bildende Kunst oder Literatur. All das wird in der Idee „MUS-E®“ umgesetzt. Menschen, die für ihre Sache brennen, reißen die Kinder in ihrer Begeisterung mit und offenbaren damit den Kindern neue Welten.
Jeder hat vermutlich schon einmal die Erfahrung gemacht, dass ihn ein Musikstück oder ein Kunstwerk innerlich berührt hat. Hier setzt MUS-E® an. MUS-E® eröffnet den Kindern und Jugendlichen genau diese Offenherzigkeit. Offenheit für die Künste, für andere, aber auch für sich selbst. Die Kinder erfahren sich in der Kunst. Sie probieren sich aus und erleben sich selbst. Sie entwickeln und erleben sich in den Prozessen der Gruppe und mit dem Nachbarn. Sie lernen, sich in und durch die Künste auszudrücken und mitzuteilen – und oftmals sagen diese Dinge mehr, als Worte jemals vermögen.
MUS-E® überwindet überdies Sprachbarrieren. Kinder, die einer Sprache nicht mächtig oder in Sprache eingeschränkt sind (egal ob Schriftsprache oder verbal), haben hier andere Möglichkeiten, sich auszudrücken, mitzuteilen und somit mit den anderen zu kommunizieren. Hier entsteht ganz praktisch wahrhaftige Integration und Inklusion.
MUS-E® überwindet alltäglich Grenzen, reißt Mauern ein, bietet damit eine starke Verbindung zwischen Kindern aller Nationalitäten und Religionen und ist somit ein Weg, Frieden zu schaffen, da sie Andersartigkeit als Gewinn und Bereicherung erfahren, statt als Hindernis. Aber sie erfahren vor allem sich selbst. Dieses Selbstbewusstsein, das Sich-selbst-bewusst-sein, ist unabdingbar, um ein Selbstwertgefühl zu entwickeln. Denn Menschen, die ein gesundes Selbstwertgefühl und Selbstbewusstsein haben, haben die Grundvoraussetzung, um ...
... leistungsbereiter und –williger zu sein
... nicht neidisch auf andere zu schauen und Missgunst zu entwickeln
... achtsamer mit dem Gegenüber zu sein
... Begabungen und Leistungen anderer wohlwollend anzuerkennen und die eigenen freudig ausschöpfen zu können.
Für unsere Schule kann ich als Schulleiter ganz klar aufzeigen, dass wir Lehrer:innen und Künstler:innen haben, die genau diese Voraussetzungen mitbringen. Die Auswirkungen sind für uns deshalb auch im Alltag deutlich spürbar:
Unsere Schule hat einen Anteil von ca. 55 % an Kindern, die einen Migrationshintergrund haben – es ist im Alltag aber (abgesehen von bestimmten unterrichtlichen und organisatorischen Maßnahmen, die notwendig sind, um diese Kinder zu unterstützen und fördern) nicht spürbar. Diese Kinder sind Bestandteil einer Gemeinschaft, die alle natürlichen, spezifischen und gruppendynamischen Prozesse durchmacht, die auch bei einer Gruppe nur einer ethnischen Herkunft ablaufen würden.
Hier hat wirkliche Integration stattgefunden und findet täglich weiter statt. Und MUS-E® hat an diesem Erfolg einen erheblichen Anteil!
Darüber hinaus hilft MUS-E® aber auch beim Lernen. Es ist sozusagen der „Dosenöffner“ fürs Lernen!
Wir haben MUS-E® nicht gesucht ... aber es hat uns glücklicherweise gefunden!
Doch die wirklich wichtigen Dinge im Leben – die Liebe, das Göttliche –
sucht und findet man nicht!
Man wird von ihnen gefunden!
Sie sind ein Geschenk
des Lebens und des Himmels an uns!
Unsere Aufgabe ist es dann „nur“, sie wirklich anzunehmen und wahrhaftig zu pflegen!